Der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies begrüßt das Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie. Gleichzeitig mahnt er an, man dürfe auch andere Branchen nicht aus dem Blick verlieren. Gute Arbeit, ökologische Ziele, Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung müssten generell zusammen gedacht werden.
Schon lange gibt es Kritik an den Arbeitsbedingungen von Werkvertragbeschäftigten in der Fleischindustrie. Nach den Corona-Ausbrüchen in mehreren Schlachtbetrieben hat die Bundesregierung das Verbot von Werkverträgen ab 2021 beschlossen. Dazu erklärt Lies: „Seit Jahren stehen die Bedingungen der Beschäftigten in der Fleischbranche öffentlich in der Kritik. In vielen Gesprächen kamen die Arbeits- und Wohnbedingungen immer wieder auf den Tisch und die Branche hat zugesagt, die Situation zu verbessern. Passiert ist nur bei wenigen Betrieben etwas“, kritisiert der stv. SPD-Landesvorsitzende und ehemalige Arbeitsminister.
Einige Betriebe hätten bewiesen, dass es anders geht. „In intensiven Gesprächen mit meinem damaligen Landwirtschaftsministerkollegen Christian Meyer habe ich der Branche deutlich gemacht, dass es so nicht weitergehen wird. Und daraus sind echte Blaupausen für die ganze Branche entstanden. Dazu gehört etwa das Böseler Goldschmaus, das seit 2017 als einziges Unternehmen diesen Weg in der Konsequenz geht“. Ziel müsse es laut Lies sein, dass dies der Maßstab für die Beschäftigten werde. „Darum ist es nach all den Verhandlungen der letzten Jahre, nach der gescheiterten Selbstverpflichtung der Branche nur folgerichtig, diesen Weg jetzt zu beenden“, erklärt Lies weiter. „Es ist grauenvoll und widerlich. Ich finde, das ist eine Schande für unser Land, dass wir trotz all der öffentlichen Kritik immer noch Menschen herholen, die hier arbeiten, kaum Geld bekommen und unter zum Teil widrigsten Bedingungen leben und wohnen müssen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass mit dem Argument von Lebensmittelpreisen Ausbeutung gerechtfertigt werden soll“.
Für Lies sei die Selbstverpflichtung aus dem Jahr 2016 gescheitert: „In dieser Branche hilft nur das konsequente Verbot. Soweit hätte es nicht kommen müssen. Gerade in der schwierigen Phase der Corona-Pandemie zeigt sich, dass immer noch verantwortungsloses Verhalten den Umgang mit Werkvertragsbeschäftigten prägt“. Die Niedersächsische SPD begrüßt daher die Entscheidung der Bundesregierung unter der Federführung von Arbeitsminister Hubertus Heil. „Vielleicht ist diese schwierige Coronazeit eine Chance, nicht einfach so weiterzumachen. Nicht zu Gunsten von Wachstum und Profit, die Probleme auszublenden. Jetzt ist die Zeit konsequent aufzuräumen“, befindet Lies und erklärt: „Darum unterstütze ich den Weg meines Parteikollegen Hubertus Heil, das Schlachten und Verarbeiten in den Betrieben der Fleischindustrie ab 2021 nur noch von Arbeitnehmern zuzulassen, die auch in diesem Betrieb beschäftigt sind“.
Lies mahnt an, die gesamte Situation in den Blick zu nehmen: „Wir werden uns unsere Lebensmittel auch ohne Lohn- und Preisdumping leisten können. Darum müssen wir beim Erzeuger der Landwirtschaft anfangen, die faire Preise für ihre hochwertigen Lebensmittel benötigt und die gesamte Kette in den Blick nehmen. Es reicht nicht aus, sich Sonntags kritisch zu den Bedingungen zu äußern und nach der Studie der Prospekte am Montag wieder gezielt, das billige Fleisch zu kaufen. Die Verantwortung liegt auch bei uns Verbrauchern.“
Aber Lies weist auch auf einen anderen Punkt hin: „Ausbeutung von Werkvertragsbeschäftigten gibt es nicht nur in der Fleischindustrie. Es reicht nicht aus, nur eine Branche zu fokussieren. Unser Ziel ist es, nach der schwierigen Coronaphase nicht in alte Modelle zurückzufallen und dies mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu begründen. Wir müssen gute Arbeit, ökologische Ziele, Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung zusammen denken. Wachstum ist wichtig und notwendig. Aber das Wie wird entscheidender sein.“