Rede zur Aktuellen Stunde „Tierschutzverstöße in Schlachthöfen – Systemfehler statt Einzelfälle“

Am Dienstag beschäftigten wir uns im Plenum mit den Bildern aus Schlachthöfen, die uns in der letzten Zeit erreicht haben. Hier meine Rede zur aktuellen Stunde der Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema.

Anrede,

Tierschutzverstöße in Schlachthöfen – Systemfehler statt Einzelfälle?

die Bilder, die Tierschutzorganisationen aus den Schlachthöfen in Bad Iburg, Oldenburg und auch aus einem Bio-Schlachthof in Brandenburg geliefert haben, sind unglaublich.

Tiere werden nicht richtig betäubt und zum Teil bei Bewusstsein geschlachtet. Tiere werden mit Elektroschockern traktiert. Sie werden geschlagen, getreten, gezerrt, aus dem Anhänger geworfen und eingeklemmt.

Für Tiere, die in einem Schlachthof ankommen, ist die gesamte Situation fremd und einschüchternd. Sie kommen in einen Raum, in dem es anders riecht, die Geräusche sind anders, die Wege auf denen sie gehen, die Menschen, die sie umgeben.

Die meisten Tiere bleiben dann aus Angst erstmal stehen und weigern sich, sich weiter zu bewegen, würden im Gegenteil eher den Rückzug antreten.

Aktuell dürfen hier Elektroschocker von den Mitarbeitern der Schlachthöfe genutzt werden, um die Tiere zum Weitergehen zu bewegen. Die Nutzung dieser Geräte ist geregelt: Das Tier darf nur einmal geschockt werden und das ausschließlich am Körper, nicht am Kopf.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Aus unserer Sicht darf auch der Schlachthof in Oldenburg nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Ich halte es für richtig, dass auch hier durchgegriffen und der Schlachthof nun erst einmal geschlossen wurde.

Was mich geärgert hat, ist, dass mit dem lapidaren Hinweis auf Werkvertragsarbeiter, die nach Angaben des Oldenburger Betriebes für die Misshandlungen verantwortlich seien, die Schuld hier auf das schwächste Glied der Kette abgeschoben wird.

Die Arbeiter in vielen Schlachthöfen sind bei Subunternehmern angestellt und arbeiten im Schlachthof auf der Basis von Werkverträgen.

Die Leiharbeiter stehen unter ständigem Druck, eine Quote zu erfüllen. In einer Tageszeitung las ich sie bekommen 11 Euro pro Rind.

Die Verantwortlichen der Schlachthöfe, die solchen Verträgen zustimmen und gegebenen falls „weggucken, um nicht eingreifen zu müssen“ – so könnte es gewesen sein – müssen sich der Verantwortung bewusst werden, die sie natürlich für jede Mitarbeiterin und für jeden Mitarbeiter haben, die sie aber auch für den Umgang ihrer Angestellten mit den Tieren haben und damit für das Wohlergehen der Tiere.

Die Betriebe müssen ihr Personal schulen und dafür Sorge tragen, dass die strengen Tierschutzvorgaben auch in der alltäglichen Arbeit und unter Zeit- und Kostendruck eingehalten werden.

Sie haben die Verantwortung und keiner sonst.

Die Videoüberwachung von Schlachthöfen ist eine Möglichkeit, das Vorgehen zu überwachen und schneller einschreiten zu können, oder sogar weiteren Tierschutzverstößen vorzubeugen.

Hier müssen wir uns auf ein Vorgehen einigen und die bestehenden Fragen schnellstmöglich klären. Wir müssen die datenschutzgerechte Anbringung von Videokameras klären und wir müssen entscheiden, wer diese Kameras anbringen, das Material auswerten soll.

Zusätzlich gäbe es andere Möglichkeiten, den Angestellten dabei zu helfen, ihre Arbeit richtig und im Sinne des Tierschutzes durchführen zu können. Wir sollten Alternativen für die Nutzung von Elektroschockern suchen. Die Tiere könnten zum Beispiel auf Förderbändern zur “Tötungsbucht” transportiert werden.

Oder da gibt es Menschen, wie die Autistin Mary Temple Grandin. Sie ist die führende US-amerikanische Spezialistin für den Entwurf von Anlagen für die kommerzielle Viehhaltung. Grandin konnte in ihrer Kindheit allzu intensive Berührungen nicht vertragen. So kombinierte sie diese Erfahrung mit den von ihr entwickelten, sehr erfolgreich eingesetzten, Viehhaltungsmethoden.

Auch die Technik, die zum Einsatz kommt, muss lückenlos und fehlerfrei funktionieren.

Die gesamte Thematik der Kontrolle ist ebenfalls zu überdenken. Warum funktioniert die staatliche Kontrolle im Tierschutz an dieser Stelle so gar nicht?

Wir haben in kürzester Zeit aus drei Schlachtereien in Deutschland, zwei davon in Niedersachsen, erfahren, dass das Tierschutzgesetz umgangen wird.

Meine Antwort auf die Frage von Bündnis 90/Die Grünen lautet: Kein Einzelfall, sondern Systemfehler. Hier müssen viele Räder gedreht werden, um Veränderungen zu erzielen. Wir sollten schleunigst damit beginnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Rede zu Tierschutzverstößen in Schlachthöfen auf Youtube

Datenschutz