Mein Plan für die letzte Woche war ganz einfach: Bis zum Mittwoch Regierungsbildung in Niedersachsen, danach vorübergehend mal einen Gang runterschalten. Teil 1 hat geklappt, Teil 2 ganz und gar nicht. Oder wie ein amerikanisches Sprichwort sagt: Wenn Du Licht am Ende des Tunnels siehts, kann es auch der nächste Zug sein.
Am Mittwoch bin ich vom Niedersächsischen Landtag mit mehr als drei Viertel der Stimmen als Ministerpräsident wiedergewählt worden. Das ist ein großer Vertrauensbeweis und auch ein bemerkenswerter Beweis der Geschlossenheit der neuen Koalition in Niedersachsen. Ich freue mich sehr darüber, dass ich meine Arbeit fortsetzen kann!
Zugleich endet damit ein besonders aufregender Abschnitt für mich. Seit der Rückkehr aus meinem Sommerurlaub war es ein Leben auf der Überholspur: Verlust der rot-grünen Mehrheit im Landtag, Auflösung des Landtages, Bundestagswahlkampf, Landtagswahlkampf, Regierungsbildung und schließlich Wiederwahl als Ministerpräsident – mehr Dynamik geht nicht … , dachte ich. Geht aber doch, wie ich feststellen musste. Seit Anfang der Woche führt mich der Weg nämlich ständig wieder nach Berlin.
Herr Lindner von der FDP hat die deutsche Politik in eine handfeste Krise gestürzt. Nach zwei Monaten intensiver Gespräche und ganz kurz vor dem Ziel ist ihm aufgefallen, dass er und seine Partei eigentlich doch keine Jamaika-Koalition auf Bundesebene wollen. Und damit stehen die Bundeskanzlerin, die Union und die Grünen vor einem Scherbenhaufen.
Von der SPD wird erwartet, beim Zusammenkehren dieser Scherben zu helfen. Das führt zu einer schwierigen Abwägung: Einerseits waren wir uns nach dem schlimmen Ergebnis der Bundestagswahlen einig – ein Ende der Großen Koalition und die Erneuerung in der Opposition sind nun der richtige Weg. Anders war das Votum der Wählerinnen und Wähler kaum zu interpretieren.
Und andererseits ist die SPD immer eine Partei gewesen, die eine Gesamt(mit)Verantwortung für den Staat und die Demokratie empfunden hat. Auch für Europa, für das eine instabile Bundesrepublik bei all den anderen Problemen Gift wäre.
Wie kann es nach dem krachenden Scheitern von Jamaika weitergehen? Das kann uns nicht egal sein. Welche Optionen gibt es? Sicher nicht nur eine Neuauflage der Großen Koalition, das ist klar. Das Ergebnis von Neuwahlen möchte ich mir derzeit lieber nicht ausmalen. Oder gibt es einen dritten Weg zwischen diesen beiden Polen?
Genau darüber wird zu reden sein. Ergebnisoffen, denn die Lage ist nach der Jamaika-Pleite einigermaßen verfahren. Auch ohne Zeitdruck, denn es gibt derzeit durchaus eine Bundesregierung. Sie ist zwar nur geschäftsführend im Amt, aber handlungsfähig und übrigens auch mit einer Mehrheit im Bundestag ausgestattet.
Es geht also um ziemlich viel. Und die Entdynamisierung meines Alltags ist nicht in Sicht.
Ich wünsche Euch eine schöne Woche!