Karl Ravens

Die nächste Woche endet spannend mit den Bundestagswahlen am Sonntag und sie beginnt traurig für mich, denn am Dienstag wird Karl Ravens beerdigt. Auch in heißen Wahlkampfzeiten muss man sich Zeit nehmen, um an einen solchen Menschen zu erinnern.

Die älteren Leserinnen und Leser dieser Zeilen werden Karl Ravens vermutlich kennen, die jüngeren wohl kaum. Karl ist neunzig Jahre alt geworden und seine aktive Zeit als Politiker liegt schon lange zurück. Mit ihm ist ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der niedersächsischen SPD eng verbunden.

Eine Begegnung mit ihm werde ich wohl nie vergessen: Als Helmut Schmidt im Herbst 2015 verstorben ist, sind Karl Ravens und ich im Auto zusammen zu der Trauerfeier nach Hamburg gefahren. Auf der Hin- und auf der Rückfahrt hat er mir zusammen bald vier Stunden lang sein politisches Leben erzählt. Und was für eines!

Karl Ravens war ein typischer Sozialdemokrat der Wiederaufbauzeit nach dem 2. Weltkrieg. In die SPD trat er 1951 ein, er engagierte sich stark in der Kommunalpolitik in Achim und zog 1961 in den Bundestag ein. Dort machte er Karriere: Als Parlamentarischer Staatssekretär ab 1969, zuletzt im Bundeskanzleramt als einer der engsten Mitarbeiter von Willy Brandt, nach dessen Rücktritt 1974 als Bundesminister für Städtebau unter Helmut Schmidt. Karl konnte wunderbar erzählen, wie damals so die Zusammenarbeit in der ganz großen Politik gewesen ist, wie etwa Herbert Wehner persönliche Gespräche zu führen pflegte – sehr speziell.

Als Bundespolitiker war Karl Ravens glücklich, aber damit war es 1976 zu Ende. Als in Niedersachsen die Wahl des Nachfolgers von Ministerpräsident Alfred Kubel scheiterte, wurde er von Helmut Schmidt in die Pflicht genommen und ging in die Landespolitik. Aber auch Karl Ravens gelang es nicht mehr, das Blatt zu wenden. Er wurde Oppositionsführer und führte die niedersächsische SPD in zwei Landtagswahlen, die beide enttäuschen endeten. Das war durchaus bittere Jahre für diesen so grundfröhlichen Menschen. 1990 schied Karl Ravens aus der aktiven Politik aus.

Ich war nach diesen vier Stunden tief beeindruckt. Was Karl Ravens für mich zu einem ganz besonderen Menschen macht? Weniger seine Ämter und Würden, aber sehr wohl seine Persönlichkeit: Tief bescheiden und mit einem ganz besonderen Lebensmut, gradlinig und authentisch, grundsatztreu und zugewandt – Karl Ravens kann auch heute noch für jeden Sozi ein Vorbild sein.

Ich wünsche Euch eine gute Woche und lasst uns in den letzten Tagen noch einmal kräftig werben für ein gutes Ergebnis der SPD bei den Bundestagswahlen!