Deutschlands dienstälteste Genossin

Länger als sie ist keiner bei der SPD dabei: Luise Nordhold (99) aus dem Ortsverein Ritterhude, Bezirk Nord-Niedersachsen, ist am 1. April 1931 in die SPD eingetreten und feiert somit somit ihr 85-jähriges Parteijubiläum. Zählt man ihre Zeit bei den Rotfalken mit, sind es sogar 89 Jahre, während der Luise Nordhold aktiv in der SPD war - so lange wie keiner zuvor. So lange gar, dass es keine passende Ehrennadel für diesen Verdienst gibt. Ein Portrait.

Der Ritterhuder Ortsverein nahm kürzlich eine einzigartige Ehrung vor. Luise Nordhold (99) ist am 01. April 1931 in die SPD eingetreten und feierte somit im April 2016 somit ihr 85-jähriges Parteijubiläum.

Um einen würdigen Rahmen zu schaffen, besuchten der Ritterhuder SPD-Vorsitzende Uwe Helmers, Christina Jantz-Herrmann (MdB) und Jürgen Kuck vom Osterholzer Kreisvorstand zusammen mit der Ritterhuder Bürgermeisterin Susanne Geils die Jubilarin im heimischen Wohnzimmer.

Ende letzten Jahres bei Durchsicht der Liste mit den diesjährigen Jubilaren, musste sich der OV-Vorsitzende erstmal setzen. Bislang galt es Genossen für 40, 50 oder 60 Jahre zu ehren, aber 85 Jahre!?

Was für ein Mensch verbirgt sich hinter dieser Lebensleistung?

Luise Nordhold wurde 1917 in Bremen-Gröpelingen geboren und wuchs dort in einer Arbeiterfamilie auf. Ihr Vater, der auf der Werft AG Weser arbeitete, war Sozialdemokrat und Gewerkschafter. Er vermittelte seiner Tochter die entsprechenden Werte, die sie dazu bewegten, sich erst den Falken, der SAJ und schließlich der SPD anzuschließen.

Luise hat Zeiten erlebt, an die sich immer weniger Menschen selbst erinnern können. Zeiten, in denen sie die erstarkenden Nazis bekämpften, die dann nach der Machtübernahme die SPD verboten, die Mitglieder verfolgten und inhaftierten. Auch während der Gewaltherrschaft der Nazis blieb sie stets der SPD und ihren Werten treu und unterstützte zusammen mit ihrem Vater die Familien von inhaftierten und verschleppten Genossinnen und Genossen, die sonst keine Unterstützung erhielten.

Luise lernte ihren Mann, den Werkzeugmacher Richard Nordhold, schon bei den Falken kennen, die er als Betreuer oft begleitete. Schon 1927 trat sie den Falken bei. Da die Mitgliedschaft bei den Falken bei den SPD-Mitgliedschaftsjahren angerechnet werden kann, wäre das Eintrittsdatum von Luise eigentlich der 1.4.1927, und damit noch vier Jahre eher, d.h. sie wäre 89 Jahre Mitglied der SPD, dies wäre deutschlandweit die längste Mitgliedschaft.

Da ihre eigene Wohnung bei einem Bombenangriff 1944 zerstört wurde, zog Luise mit ihrem Mann Richard und dem Sohn nach Ihlpohl, Landkreis Osterholz, in ein Behelfsheim in der Heimstraße.

Dort startet die junge Familie nach dem Krieg neu. Mit den Nordholds wurden dort der SPD-Ortsverein Ihlpohl und später die Ihlpohler Arbeiterwohlfahrt gegründet und vorangebracht. Als Hauskassiererin des SPD-OVs hatte Luise stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Genossen.

Zur 150-Jahrfeier der SPD in Leipzig 2013 wurde Luise Nordhold vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel eingeladen. Der Besuch in Leipzig brachte sie mit der seinerzeit jüngsten Genossin Victoria Hiepe aus Berlin zusammen. Der Funke zwischen Jung und Alt sprang bei den beiden Frauen sofort über. Seit der Zeit schreiben die beiden sich regelmäßig und haben sich besucht.

Die Grüße von Victoria zum Parteijubiläum bringen es gut auf den Punkt. „85 Jahre in der SPD bedeuten leidenschaftlicher Kampf, Streit für sozialdemokratische Werte und nicht zuletzt eine große Leidensfähigkeit. Möge die Partei und Parteiführung sich wieder auf diese Grundwerte besinnen und nicht das, was Deine Generation für unsere Partei und Gesellschaft so hart erkämpft hat, leichtfertig über Bord werfen.“

Die Freundschaft zwischen den Bbiden spiegelt die Faszination wieder, die Luise auf uns ausübt. Luise Nordhold kann und will uns Jüngeren gerne ihre Erfahrungen und Erlebnisse weitergeben und wir können Vieles von ihr lernen. Vor fünf Jahren, zum 80-jährigen, hat Dr. Tim Jesgarzewski einen Teil ihrer Geschichte aufgearbeitet und unter dem Titel „Für Freundschaft, Solidarität und soziale Gerechtigkeit – Biografie einer Sozialdemokratin“ im Donant Verlag veröffentlicht.

Luise Nordhold ist eine Sozialdemokratin, die vor und in der Nazizeit als Genossin trotz Repressalien und Verfolgung Mut bewiesen hat und zu ihrer Überzeugung gestanden hat und bis heute steht. „Es ist wichtig, dass man zufrieden und zuversichtlich ist“ gibt Luise Nordhold bei der Ehrung den Gratulanten mit. Darin liegt viel Wahrheit und auch die Fröhlichkeit, die sich Luise bewahrt hat, ist sehr beeindruckend.

Von Uwe Helmers