Wennigsen – die Wiege der SPD nach 1945

Wennigsen am Deister gilt für zahlreiche Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten als „Wiege der SPD“ im Nachkriegsdeutschland. Dort trafen sich erstmals nach der Nazi-Diktatur vom 5. bis 7. Oktober 1945 Männer und Frauen, um die Sozialdemokratie wieder aufzubauen. Möglich war dies, weil führende Köpfe der SPD in Haft und im Ausland Verfolgung und Terror überlebt hatten.

So wird die Sozialdemokratische Partei zur schicksalsentscheidenden Kraft der deutschen Politik! Auch für uns gilt der Satz, dass wir nicht da anknüpfen können, wo wir 1933 aufgehört haben. Auch wir werden unser theoretisches Rüstzeug und unsere politischen Methoden überprüfen müssen. Unverzichtbar ist für die Partei nur der Wille ihrer Mitglieder, Sozialist, Demokrat und Träger der Friedensidee zu sein. (Zitat K. Schumacher)
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Wichtige Teilnehmer des Parteivorstands sind neben Schumacher, Nau und Franke Herta Gotthelf, Fritz Heine und Herbert Kriedemann.
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Schon in der Einladung hatte Kurt Schumacher klar gemacht, was das Ziel dieser „Reichkonferenz“ sein sollte: „Ihr Zweck ist die taktische und organisatorische Angleichung. Sie ist angesichts der mangelhaften Verbindungs- und Unterrichtungsmöglichkeiten eine absolute Notwendigkeit.“ Schumacher wurde während der Nazi-Diktatur knapp zehn Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern gefangen gehalten. Schwerkrank wurde er 1943 zunächst entlassen, musste allerdings in Hannover bleiben. Kurz vor Kriegsende wurde er erneut verhaftet, jedoch nach ein paar Wochen wieder entlassen.

Aus ganz Deutschland waren die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angereist, um gemeinsam unter anderem über die wichtigsten Richtlinien in der Agrar-, Kultur- und Wirtschaftspolitik der Partei in den Westzonen zu beraten und diese zu beschließen.

„Die Konferenz fand in einem festlichen geschmückten Raum statt, rotes Fahnentuch und ein Bild von Karl Marx erfüllten die Bühne“, erinnert sich Fritz Heine, Delegierter und Mitglied des Exilvorstands der SPD (Sopade). Musikalisch wurde die Konferenz begleitet von einem Arbeiterchor und einer Arbeitermusikkapelle. „Als der Chor nach vielen Jahren zum ersten  Mal wieder den Sozialistenmarsch in einer öffentlichen Veranstaltung sang, da wurde so manches Auge feucht.“

Kurt Schumacher hielt seine Grundsatzerklärung „Der Kampf um die Demokratie“ – und drückte dabei sowohl Verantwortungs- wie auch Selbstbewusstsein aus: „Wir Sozialdemokraten sind die Vertreter Deutschlands, für welche die Demokratie nicht der Ausdruck der Überlegenheit der angelsächsischen Waffen ist. (…) Gerade weil wir mit dem obersten Kriegsziel der Vereinten Nationen, der Schaffung eines Deutschlands des Friedens, übereinstimmen, sagen wir auch eindeutig, wie wir uns den Weg zu diesem Ziel vorstellen.“ Die Versammlung beauftragte Schumacher mit dem Wiederaufbau der SPD in den drei westlichen Besatzungszonen.

Bewusst war Wennigsen als Konferenzort ausgesucht worden. Die Gemeinde am Deister hatte nicht nur eine sozialdemokratische Tradition, sondern bot auch einen großen Raum und es gab genug Nahrungsmittel.

70 Jahre ist dies nun fast auf den Tag genau her. Anlass für die SPD Niedersachsen, dieses Ereignis mit einem Festakt (am 6. Oktober 2015) genau dort zu feiern, an dem damals die erste Konferenz stattfand: im Bahnhofshotel Wennigsen – heute das Hotel Calenberger Hof.

Als Referent auf dieser Jubiläumsveranstaltung ist Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Leiter der Historischen Kommission beim SPD-Parteivorstand, eingeladen. Gemeinsam mit dem Landesvorsitzenden und Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil diskutiert die Politologin und Strategieberaterin Laura-Kristine Krause über die zukünftige politische Ausrichtung der SPD.

http://erinnerungsorte.fes.de/

http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/index.htm

https://www.spd.de/partei/Organisation/414/geschichte_der_spd_parteizentralen.html

http://library.fes.de/sozialistische-mitteilungen/