In seinem Amt als Oberbürgermeister von Osnabrück sei er hoch anerkannt und gelte mit Recht als einer der führenden Repräsentanten der niedersächsischen Kommunen. „Er bietet die Gewähr für einen ausgeprägt kommunalfreundlichen Kurs des Landes in den nächsten Jahren“, unterstrich der SPD-Landeschef. Durch seine langjährigen Erfahrungen im Innenministerium kenne der 52-Jährige zudem die niedersächsische Polizei genau. „Boris Pistorius wird für ein neues Vertrauensverhältnis zwischen der Landesregierung und der Polizei sorgen. Ich freue mich auf diesen Innenminister“, erklärte Weil.
Pistorius kündigt für die Zeit nach dem Politikwechsel eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung an. „Als langjähriger Kommunalpolitiker und Oberbürgermeister einer großen und wichtigen Stadt weiß ich ganz genau, dass die Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld zuerst und besonders intensiv merken, wo der Schuh drückt“, erklärte der zweifache Familienvater. ÖPNV, Versorger, Schulen, Kitas, Rettungsdienste – diese Einrichtungen müssten in allen Regionen und Landkreisen Niedersachsens gleichermaßen funktionieren. „Die Finanzausstattung der Kommunen muss ihren Aufgaben entsprechen“, sagte Pistorius am Montag vor Journalisten. „Die niedersächsische SPD und auch ich selbst werden keinen neuen Bundesgesetzen zustimmen, die die Kommunen zusätzlich belasten. Auch die Schuldenbremse ab 2020 darf nicht zulasten der Landkreise, Städte und Gemeinden eingeführt werden.“
Das neue Mitglied im „Team Weil“ kündigte an, die Stichwahl für Bürgermeister- und Landratswahlen wieder einzuführen. Die bisherige Landesregierung habe durch die Abschaffung der Stichwahl das Mandat geschwächt. Mit den Kommunen gemeinsam würden regional angepasste Konzepte zur Reaktion auf den demographischen Wandel erarbeitet. Dringend notwendig seien Strategien, um das vielfach noch immer breite ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in der Fläche zu sichern. „Gerade die Nachwuchsprobleme bei den Freiwilligen Feuerwehren macht mir Sorgen. Wir stehen auf Sicht von einem sehr konkreten Sicherheitsproblem in der Fläche, wenn wir nicht wirksam gegensteuern“, sagte Pistorius, der seit 2006 die Geschicke der Stadt Osnabrück lenkt.
Wichtig ist für den künftigen Innenminister auch die Verbesserung der Sportförderung. Sport spiele eine wesentliche Rolle bei der Persönlichkeitsbildung von Kindern und Jugendlichen und zunehmend auch für die Älteren, deren Zahl und Wunsch nach sportlicher Betätigung zunehmen werde. Angesichts der sozialen Bedeutung des Sports sei es ein Armutszeugnis für Schwarz-Gelb, dass Niedersachsen im Ranking der Sportförderung an vorletzter Stelle liege.
Niedersachsens Polizei will der künftige Innenminister wieder zu einer „Bürgerpolizei“ machen. Durch die Vorgaben Schünemanns sei die Polizei derzeit viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, anstatt sich um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern zu können, betonte Pistorius. Bei der Polizei muss die Kriminalitätsbekämpfung wieder im Mittelpunkt stehen. Dazu werden umständliche Vorgaben seitens des Ministeriums abgeschafft und die Verwaltungsmodernisierung alltagstauglich umgesetzt. Gleichzeitig muss die bloße Fixierung auf die Aufklärungsquote beendet werden. Sie allein schafft keine Sicherheit. „Wenn die amtliche Zahlen mit dem Sicherheitsempfinden der Menschen nicht in Einklang zu bringen, sind, sind sie als Mittel zur Qualitätsmessung nicht geeignet.“
Niedersachsen müsse sich auch stärker bei der Verkehrssicherheitsarbeit engagierten. Pistorius: „Niedersachsen liegt bei der Zahl der Verkehrstoten auf dem vorletzten Platz im Vergleich der alten Bundesländer. Und unsere aktuelle Landesregierung beschäftigt sich damit, auf Autobahnen Tempolimits abzuschaffen und Geschwindigkeitskontrollen anzukündigen.“
Pistorius kündigt zudem an, den Dialog mit allen Berufsvertretungen wieder aufzunehmen. Er werde gleich nach Amtsantritt alle Berufsvertretungen an einen Tisch bringen, um sich ernsthaft mit ihren Anliegen auseinanderzusetzen. „Ich setze hier ganz klar auf Dialog und gegenseitigen Respekt, was der heutige Innenminister leider zu oft vermissen lässt. Es liegt hier vieles im Argen, das zeigen erste Gespräche, die ich bereits geführt habe", erklärte der Kandidat. So sei nicht zu akzeptieren, dass der derzeitige Innenminister die mit Abstand größte Einzelgewerkschaft, die GdP, seit geraumer Zeit ignoriere, sagte er.
Abschaffen oder mindestens modifizieren will der SPD-Politiker den so genannten A 11-Erlass, der faktisch die Beförderung der Mehrheit der Polizeibeamten zu Hauptkommissaren unmöglich mache und für „jede Menge Frust und Unzufriedenheit“ sorge: „Wir brauchen motivierte Polizeibeamte und nicht frustrierte. Wir müssen den Polizeiberuf wieder attraktiv machen, sonst werden wir sehr bald vor ganz großen Nachwuchssorgen stehen“, erklärte Pistorius. „Gerne verzichten“ will der 52-Jährige dagegen auf Prestigeobjekte mit zweifelhaftem Einsatzwert wie etwa Drohnen oder „Kennzeichenlesegeräte“.
Entschieden sprach sich der Ministerkandidat für ein effektives, abgestimmtes und stringentes Vorgehen aller Sicherheitsorgane gegen jede Form von Rechtsextremismus und die sie tragenden Vereine und Organisationen aus. Pistorius will das NPD-Verbotsverfahren vorantreiben – und zeitnah den Kontakt mit muslimischen Verbänden suchen, um zerstörtes Vertrauen wieder herzustellen.