
Es stelle sich die Frage, wie der Staat Entwicklungen durch ordnende Eingriffe positiv beeinflussen könne, und zwar „nicht planwirtschaftlich, sondern Impuls gebend“. Besondere Möglichkeiten für dieses Bundesland sehe die SPD auf den Feldern Mobilität, maritime Wirtschaft, Energie, soziale Gesundheits- und Ernährungswirtschaft.In einem Impulsreferat unterstrich Dr. Arno Brandt, Leiter der Nord/LB Regionalwirtschaft, für Erfolg im Industrie- und Dienstleistungsbereich werde gute Bildung immer wichtiger. Enorme „Klebeeffekte“ seien zu beobachten, denn viele junge Menschen verblieben nach Ausbildungsende an ihrem Studienort und kehrten nicht in ihre Heimat zurück. Außerdem stellte er fest: „Die wissensintensiven Dienstleistungen sind der beschäftigungsdynamischste Bereich“. Diese konzentrierten sich vornehmlich auf die urbanen Räume. Aber von dieser Tendenz gebe es durchaus Ausnahmen. So habe Ostfriesland seine Chance genutzt und als ehemaliges „Armenhaus und Sorgenkind“ inzwischen eine führende Rolle in der Reederei- und Energiewirtschaft eingenommen. Entscheidend sei, dass man sich bietende Zeitfenster nutze, was im genannten Falle gelungen sei.
Bei der Wirtschaftsstruktur seien der Schiffbau und die Automobilindustrie in Niedersachsen nach wie vor führend. Als großen Negativpunkt nannte Brandt die Innovationsschwäche dieses Bundeslandes, die noch wesentlich größer wäre, wenn es VW nicht gäbe.
Prof. Dr. Christiane Dienel, Präsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen und ehemalige Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt beschäftigte sich in ihrem Vortrag vor allem mit der Frage, was man mit einer intelligenten Hochschulpolitik für die wirtschaftliche und demografische Entwicklung erreichen könne. Ganz energisch wandte sie sich gegen den möglichen Trugschluss, aufgrund des Rückgangs der Zahlen junger Menschen könne man auch die Bildungsausgaben zurück fahren. Die Zahl der Studierenden nehme zu und diesen Trend gelte es zu fördern. „Hochschulen können Bevölkerungsmagneten sein“, warb sie eindringlich.
„Hochschulpolitik ist Regionalpolitik“, so müsse die Maxime lauten, die noch zu wenig beherzigt werde. „Schon an die Finanzierung von Hochschulstandorten müsste man anders herangehen, denn Hochschulorte könnten enorm zur wirtschaftlichen Entwicklung von Regionen beitragen. Insbesondere Fachhochschulen würden der akademischen Breiten-Förderung dienen. Dienel berichtete aus Studien: Wer in der Zeit des Studiums Nachwuchs erwarte, bleibe fast in jedem Fall auch nach Abschluss der Ausbildung am Studienort. Gerade mit familienfreundlichen Hochschulen könne man somit wirksame Standortförderung betreiben.
Viel Unklarheit gebe es offenbar über das Konzept der „Offenen Hochschule“. Etwa durch Teilzeitstudienmöglichkeiten müsse man sich den geänderten Bedürfnissen von jungen Menschen anpassen und mit neuen Strategien talentierten Handwerkern zuwenden. „Strukturelle Veränderungen am Hochschulgesetz“ hielt Dienel für zwingend erforderlich. Auf keinen Fall dürfe sich die Offene Hochschule durch herabgesetzte Standards definieren, da dies die Herabstufung des Wertes eines solchen Studienabschlusses zwingend bedinge. „Die Bekämpfung der Innovationsschwäche kann über die Hochschulen stattfinden.“ Hier werde aber noch viel zu wenig unternommen, bedauerte Dienel abschließend.
Ein Resümee des bisherigen Wirtschaftsdialoges der SPD-Landtagsfraktion stellte der zuständige Sprecher Gerd Will MdL vor. „Entwicklungsregionen können nicht mehr nur die Landkreise sein“, lautete ein Fazit und er verwies auf die Erfolge der Region Hannover. Zusammenarbeit sei in vielen Bereichen wie Verkehr oder Abfallentsorgung dringend vonnöten. Die Abschaffung der Bezirksregierungen sei von vielen Dialogpartnern sehr bedauert worden. Dadurch fehle die regionale Interessenvertretung und Planungsinstanz. Viele Gesprächspartner hätten auch die Wirtschaftsförderung als intransparent und nicht nachvollziehbar kritisiert. Eine verstetigte Förderung sei zudem wichtig. „ Alles andere ist Gift“, lautete Wills klares Urteil. Auch die tiefe Spaltung des Arbeitsmarktes in Gutverdiener und Aufstocker sei ein Umstand, auf den viele Dialogpartner mit Sorge hingewiesen hätten. (rh)