SPD kritisiert Abkehr vom alleinigen Vollzugsziel Resozialisierung
Auf scharfe Kritik der SPD-Landtagsfraktion stößt das heute von der Justizministerin vorgestellte Niedersächsische Justizvollzugsgesetz. „Offenbar scheint sich die Justizministerin das Motto ‚Sorgfalt geht vor Schnelligkeit‘ nicht sonderlich zu Herzen zu nehmen. Das, was sie heute vorgestellt hat, ist nichts anderes als ein mit heißer Nadel gestrickter populistischer Schnellschuss“, so SPD-Vollzugsexpertin Elke Müller. „Es ist bedauerlich, dass das Bundesstrafvollzugsgesetz ausgerechnet durch ein derart rückschrittliches Gesetz ersetzt werden soll“, so Müller. „Das alleinige Vollzugsziel Resozialisierung soll aufgeweicht werden – das ist ein vollzugspolitischer Rückschritt um mindestens dreißig Jahre“.
Es sei „geradezu unchristlich“, dass die Ministerin in ihrem so genannten Chancenvollzug nur noch angepassten Gefangenen eine Chance zur Resozialisierung bieten wolle. „Das in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommende Menschenbild, das zwischen förderungswürdigen und abgeschriebenen Gefangenen unterscheidet, teile ich nicht“, so Müller. „Die Ministerin profiliert sich auf dem Rücken der niedersächsischen Strafgefangenen. Damit leistet sie sowohl sich selbst als auch der Gesellschaft, die mit nicht resozialisierten Entlassenen konfrontiert werden wird, einen Bärendienst“.
Als „Milchmädchenrechnung“ bezeichnete Müller schließlich die Behauptung der Justizministerin, das neue Gesetz sei „schlank“. „Ich halte diese Diskussion in einem derart grundrechtsrelevanten Bereich für geradezu absurd. Lieber eine Vorschrift mehr, als Willkür im Vollzug. Übrigens ist mir ein Bundesgesetz mit 202 Vorschriften deutlich lieber als 16 Ländergesetze mit jeweils 195 Vorschriften.“ Nicht nur aus diesem Grund sei es „bürokratischer und vollzuglicher Irrsinn“, dass Niedersachsen aus dem Kreis der Länder ausschere, die sich um ein gemeinsames Justizvollzugsgesetz bemühen.