Deine Würde ist unser Maß

VON HARTMUT TÖLLE

Die Würde des Menschen ist unantastbar – zumindest theoretisch, laut Grundgesetz. Die Praxis sieht anders aus. Für viele Menschen ist ein Leben in Würde keine Selbstverständlichkeit mehr.
Viele Menschen schuften in Discountern, in Schlachthöfen, auf Baustellen und sind auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil sie nur Niedriglöhne erhalten. Unternehmen wie Continental streichen Riesengewinne ein, bauen aber gleichzeitig massiv Stellen ab.
Viele Menschen haben Angst vor Arbeitslosigkeit und davor, in Hartz IV abzurutschen. Mehr als 450.000 Niedersachsen sind arbeitslos, über ein Drittel davon bereits länger als ein Jahr. Verschämte Armut ist längst Realität. Wir Gewerkschaften stellen deshalb die Würde des Einzelnen in den Mittelpunkt, auch am 1. Mai. Arbeitnehmer mit ihren Familien sind keine Zitronen, die man auspresst und wegwirft. Wir wollen, dass der Kündigungsschutz erhalten bleibt, weil eine Aushöhlung viele Beschäftigte trifft, aber keinerlei neue Arbeitsplätze schafft. Wir wehren uns gegen die Rente mit 67, weil sie Renten kürzt, statt die Rentenkassen zu sanieren. Wir streiten für Mindestlöhne, die ein Leben oberhalb der Armutsgrenze sichern. Wir fordern familiengerechte, menschenfreundliche Arbeitszeiten und angemessene Löhne. Die nutzen nicht nur dem privaten Konsum, sondern füllen auch die Kassen der sozialen Sicherungssysteme und der öffentlichen Hand. Wer Arbeitnehmer wie Zitronen behandelt, dem wird das sehr bald sauer aufstoßen. Darum sagen wir Gewerkschaften an diesem 1. Mai »Deine Würde ist unser Maß«. Und wir freuen uns, wenn Sozialdemokraten es mit uns tun!

Hartmut Tölle ist Vorsitzender des DGB-Bezirks
Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt.